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Pennac, Daniel: Wie ein Roman. Essay, französisch, 1998. dtv

Bewertung: 1  
Lesedatum:2013-12-11


Immer schon wollte ich dieses Buch lesen – wenn nämlich ein Buch den Untertitel >Von der Lust zu lesen< trägt, kann es ja nur schön sein. Daniel Pennac, seines Zeichens Lehrer und Autor, hält ein warmherziges, charmantes und äußerst anregendes Plädoyer für das Lesen – und zwar völlig ohne den oberlehrerhaften Zeigefinger zu erheben. Er erzählt von der großen Freude der Kleinen, die ihre ersten Buchstaben entziffern; von der Leseunlust der enttäuschten Jugendlichen, für die das Lesen durch das Dogma >Man muss lesen< von außen auf eine reine Verständnisübung reduziert wird; von den Mühen, ebendiese enttäuschten Jugendlichen wieder zum Zauber des Lesens zu verführen; und schließlich auch von der eigenen Lust und Freude am Lesen, quasi dem >Lesen als Geschenk<. Anschließend an diese fast romanhaften Betrachtungen führt Pennac die zehn unantastbaren Rechte des Lesers an. Beispiel gefällig? Das Recht, nicht zu lesen. Das Recht, Seiten zu überspringen. Das Recht, irgendetwas zu lesen. Das Recht, überall zu lesen. Das Recht herumzuschmökern. Und weil seine Sätze gar so schön sind, muss ich hier noch ein paar daraus wiedergeben – zunächst einmal ein paar Gedanken, die Pennac selbst zitiert: Nämlich die des Aufklärers Jean-Jacques Rousseau, der bitte immerhin 1712-1778 gelebt hat: >Ein Kind hat keine große Lust, das Werkzeug zu vervollkommnen, mit dem man es quält. Sorgt dafür, dass es ihm Vergnügen macht, und alsbald wird es sich auch gegen euren Willen damit beschäftigen. […] Man bemüht sich eifrigst um bessere Lesemethoden. Man macht aus der Kinderstube eine Druckerei. Es ist ein Jammer! Das sicherste Mittel, das man aber immer wieder vergisst, ist natürlich der Wunsch, lesen zu lernen. Erweckt diesen Wunsch im Kinde. […] Noch ein grundsätzliches Wort möchte ich anfügen: Gewöhnlich erreicht man sicher und rasch, was man nicht übereilt.< Und Pennac selbst im Wortlaut: >Ein Kind ist von Anfang an ein guter Leser und wird es bleiben, wenn die Erwachsenen in seiner Umgebung seine Begeisterung fördern, statt sich die eigene Kompetenz zu beweisen, wenn sie seinen Wunsch zu lernen unterstützen, ehe sie ihn zur Pflicht machen, etwas nachzuerzählen, wenn sie bereit sind, Abende zu verlieren, statt Zeit gewinnen zu wollen, wenn sie die Gegenwart zum Schwingen bringen, ohne mit der Zukunft zu drohen, wenn sie nicht zulassen, dass das, was Lust war, zur Fron wird […].< Und schließlich habe ich meine ganz persönliche Botschaft und den Grund für das Betreiben dieser Website in den Worten Pennacs gefunden: > Das Schönste, was wir gelesen haben, verdanken wir meistens einem uns teuren Menschen. Und mit einem uns teuren Menschen werden wir zuerst über unsere Lektüre sprechen. Vielleicht eben weil das Charakteristische des Gefühls – wie des Wunsches zu lesen – darin besteht, vorzuziehen. Lieben heißt letztlich, denen, die wir vorziehen, das zu schenken, was wir vorziehen. […] Wenn ein teurer Mensch uns ein Buch zu lesen gibt, suchen wir zuerst ihn in den Zeilen, suchen seinen Geschmack, die Gründe, die ihn dazu bewegt haben, uns dieses Buch in die Hand zu drücken, die Zeichen der Zusammengehörigkeit. Dann reißt uns der Text mit, und wir vergessen denen, der uns hinein versetzt hat. Gerade darin besteht ja die ganze Kraft eines Werkes, auch diese Zufälligkeit hinwegzufegen.< Ja, und wer jetzt noch immer sagt, er habe keine Zeit zum Lesen, dem sei mit Pennac gesagt: > Sobald sich die Frage nach der Zeit zum Lesen stellt, heißt das, dass die Lust fehlt. Denn genau besehen hat nie jemand Zeit zum Lesen. Weder die Kinder noch die Jugendlichen, noch die Erwachsenen. Das Leben hindert ständig am Lesen. […] Die Zeit zum Lesen ist immer gestohlene Zeit. (Genauso wie die Zeit zum Schreiben, übrigens, oder die Zeit zum Lieben.) […] Die Zeit zum Lesen dehnt, wie die Zeit zum Lieben, die Lebenszeit. Wenn man die Liebe unter dem Gesichtspunkt unserer Zeiteinteilung sehen müsste, wer würde sich daran wagen? Wer hat Zeit, verliebt zu sein? Aber hat man jemals einen Verliebten gesehen, der sich nicht die Zeit genommen hätte, zu lieben? […] Das Lesen ist nicht von der Organisation der täglichen Zeit abhängig, es ist, wie die Liebe, eine Seinsweise. Die Frage ist nicht, ob ich Zeit zum Lesen habe oder nicht (Zeit, die mir übrigens niemand schenken wird), sondern ob ich mir das Glück, Leser zu sein, leiste oder nicht.< In diesem Sinne: Schönes Lesen!



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