Eine interessante Mischung hat Alicia Giménez Bartlett da angerührt – den Fall eines Literaturprofessors, der seinen Job an einer katholischen Mädchenschule verliert, und den Fall der von ihrem Mann verlassenen Unternehmerin, deren vom Vater aufgebaute Firma ihr Leben bedeutete. Als Reagens fügt sie den wirtschaftlichen Crash bei, der die Leben der beiden Figuren durcheinanderschüttelt und sie in einer spannungsgeladenen Konstellation zueinander führt:

Javier, der Normalbürger, kämpft so mit seiner Arbeitslosigkeit, dass er zunächst Stripper in einem Club und dann Gigolo („chico de alterne“ in der Originalversion) wird; Irene muss zwar zusehen, wie ihre Firma immer schlechter läuft, hat aber finanziell ausgesorgt und weiß nichts mit ihrem Leben anzufangen.

Die explosive Beziehung dieser beiden entsteht  über zwei  Verbindungsfiguren: Iván, ein Bekannter Javiers, führt diesen ins Milieu derer ein, die ihren Körper an gut zahlende Frauen verkaufen; und Genoveva, die exzentrische, oberflächliche, ältliche Pijo-Tussi, zeigt der prüden Irene, wie man sich mit Geld Spaß und Genuss verschaffen kann…

In einer meist unterhaltsamen, im zweiten Teil  aber auch langatmigen Erzählweise verwebt die Preisträgerin des „Premio Planeta 2015“ hier Schicksale, wie sie in der Wirtschaftskrise durchaus vorkommen dürften, zu einer teils witzigen, teils beklemmenden Geschichte mit überraschendem, etwas heftigem Schluss. Gelungen ist der Perspektivenwechsel der Erzählung – abwechselnd werden die Geschehnisse aus der Sicht und (sofern das als Nicht-Native beurteilbar ist) in authentischer Sprachweise der vier Protagonisten dargestellt. Dass diese an sich erfrischende Schreibweise sich nach den ersten 150-200 Seiten abnutzt und etwas mühsam wird, ist neben der erwähnten Längen und des etwas schalen Nachgeschmacks mit ein Grund, warum mich „Hombres desnudos“ nicht völlig überzeugen konnte.