Was kann man von einem Buch erwarten, dessen Inhalt man ja eigentlich schon kennt? Fabulierkunst auf höchster Ebene, plastisch gestaltete Charaktere, packende Beschreibungen alltäglicher Handlungen - Patricia Highsmith ist nicht ohne Grund eine der ganz Großen der Literatur.

Vor allem die sich durch das ganze Geschehen ziehende Charakterisierung des Protagonisten Tom Ripley ist außergewöhnlich - und eine so außergewöhnliche Gestalt kann man kaum in wenigen Worten wiedergeben. Der "talentierte" Mr. Ripley wird spätestens nach wenigen Seiten klar, als er Dickies Vater, Mr. Greenleaf, völlig ohne sein Zutun dazu bewegt, ihm einen Haufen Geld zu überlassen, um den abtrünnigen Sohn aus Italien, wo er sich als Künstler versucht, zurückzuholen nach Amerika. Tom gewinnt Dickies Freundschaft und schließlich auch seine Identität für sich, was leider ohne einen kleinen Mord nicht abgeht. Auch dass Freddie Miller, ein Bekannter Dickies, mit dem Leben für seine unangenehmen Fragen bezahlen muss, war von Tom nicht geplant und ist ihm gar nicht angenehm. Aber so ist nun eben die Situation, und Tom Ripley meistert sie mit ebensoviel Geschick und Glück wie er jede andere gemeistert hat.

Selten wird ein Mörder so sympathisch dargestellt, selten hofft und bangt ein Leser so mit dem Bösewicht mit wie hier.
Spannend, erheiternd, fesselnd - und die Fortsetzung wartet.